Der Fokus auf Führung liegt vor allem auf den positiven Effekten, die gute Führungskräfte auf Organisationen und deren Leistung haben. In den letzten Jahren wurde jedoch auch ein Schwerpunkt auf die „dunkle“ oder destruktive Seite von Führung gelegt, um zu verstehen, wie destruktive Führungskräfte die Leistung von Organisationen untergraben können. Dieses Dossier beschreibt die Merkmale ineffektiver und destruktiver Führungskräfte und diskutiert Ansätze, um die Auswirkungen destruktiver Führung zu minimieren bzw. gänzlich auszuschließen.
Negative Persönlichkeitsmerkmale können eine destruktive Führung vorhersagen
Lord Acton sagte einmal: „Macht korrumpiert und absolute Macht korrumpiert absolut.“ In den letzten zwanzig Jahren haben Skandale wie der Exxon-Untergang deutlich gemacht, dass sich Einzelpersonen in Führungspositionen nicht immer ethisch korrekt verhalten. Neuere Forschungen zur destruktiven Seite von Führung haben sich darauf konzentriert Persönlichkeitsmerkmale von Führungskräften zu verstehen, die negative Auswirkungen auf Organisationen haben.
Robert Hogan und andere haben auf negative Persönlichkeitsmerkmale als Prädiktoren für Führungsentgleisungen (Leadership Derailment) hingewiesen (Hogan & Hogan, 2001; Kippenberger, 1997). Es gibt eine Reihe von Persönlichkeitsmerkmalen, die mit dem Versagen von Führungskräften zusammenhängen. Eine besondere Rolle spielen dabei die drei Persönlichkeitsmerkmale Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus, welche auch als „dunkle Triade“ bezeichnet werden (Paulhus & Williams, 2002).
Destruktive Führungskräfte haben ein höheres Risiko für Leadership Derailment
Personen mit narzisstischer Persönlichkeit werden häufig von Gruppen als Führungskräfte nominiert oder in Vorstellungsgesprächen werden ihnen Führungsqualitäten zugeschrieben (Paulhus, 1998). Mit der Zeit neigen diese Personen jedoch dazu, aufgrund typischer Verhaltensmuster negative Auswirkungen auf eine Organisation zu haben. Narzisstische Individuen werden von ihren Gruppen oft aufgrund ihrer Arroganz und Selbstherrlichkeit abgelehnt (Paulhus, 1998).
In der Führungsforschung kommt man typischerweise zu dem Schluss, dass Führungskräfte, die scheitern, tendenziell negative Persönlichkeitsmerkmale aufweisen (Hogan & Hogan, 2001). Wenn Unternehmen potenzielle Führungskräfte einstellen, befördern und weiterentwickeln möchten, sollten entsprechende Mechanismen umgesetzt werden, die dabei unterstützen Fehlbesetzungen und "Leadership Derailment" zu vermeiden.
Narzissmus, Hybris und Machiavellismus sind drei zentrale dunkle Persönlichkeitsmerkmale von Führungskräften
Aktuelle Forschungsergebnisse legen nahe, dass es sinnvoll ist, bei der Identifizierung von Führungskräften Persönlichkeitsmerkmale (Traits) zu berücksichtigen (Judge, Piccolo & Kosalka, 2009). Eine aktuelle Auswertung der Führungsliteratur unterstreicht, dass die drei Persönlichkeitsmerkmale Narzissmus, Hybris und Machiavellismus zentrale dunkle Eigenschaften von Führungskräften sind (Judge et al., 2009).
Narzissmus zeichnet sich durch ein hohes Maß an Selbstliebe aus
Narzisstische Individuen neigen dazu, arrogant und selbstsüchtig zu sein, sich berechtigt zu fühlen und feindselig zu sein. Sie zeigen ein hohes Maß an Selbstliebe und glauben, dass sie etwas Besonderes sind und Anspruch auf Lob und Bewunderung haben. Dieses Äußere zeichnet sich jedoch durch ein oberflächliches Selbstverständnis aus, da sie dazu neigen, andere als minderwertig zu betrachten und oft unsensibel und feindselig gegenüber anderen zu sein. Sie neigen dazu, Informationen eigennützig zu interpretieren, und ihre Entscheidungen zielen eher darauf ab, ihren eigenen Ruf zu verbessern, als auf das Wohl anderer.
Hybris zeichnet sich durch ein übermäßiges Selbstwertgefühl aus
Führungskräfte mit einem hohen Maß an Hybris neigen dazu, übermäßig stolz zu sein und übermäßiges Vertrauen in Bezug auf ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu haben. Sie nehmen sich selbst viel positiver wahr, als eine realistische Einschätzung zeigt. Aufgrund dieses überhöhten Selbstwertgefühls neigen sie dazu, bei kritischem Feedback sehr defensiv zu sein (Baumeister et al., 2003).
Tatsächlich neigen sie dazu, die Kompetenz des Bewerters in Frage zu stellen und negative Bewertungen abzuwerten. Eine der negativen Folgen der Hybris besteht darin, dass diese Führungskräfte aufgrund ihrer überzogenen Selbsteinschätzung dazu neigen, irrationale Entscheidungen zu treffen. Dies kann zu finanziellen Verlusten für das Unternehmen führen (Hayward & Hamrick, 1997).
Machiavellismus gekennzeichnet durch den Wunsch, persönliche Macht zu erlangen
Der persönlichkeitsmerkmal des Machiavellismus ist vom Autor Machiavelli abgeleitet, der „Der Prinz“ schrieb, einen Leitfaden aus dem 16. Jahrhundert, der erklärt, wie man Macht und Ansehen erlangt. Personen, die mit einer hohen Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals Machiavellismus neigen dazu, gerissen und manipulativ zu sein und alle notwendigen Mittel einzusetzen, um politische Macht zu erlangen. Trotz des Alters des Buches sind viele der Lektionen aktuell (Judge et al., 2009) und ermutigen Führungskräfte, zu lügen, zu manipulieren und ihre Anhänger gewaltsam von dem Ziel der Führungskraft zu überzeugen.
Typischerweise ist das Ziel eher auf die Bedürfnisse der Führungskraft als auf die Bedürfnisse der Organisation und Gemeinschaft ausgerichtet. Machiavellistische Führungskräfte sind politisch orientiert und streben nach Kontrolle über ihre Anhänger. Sie verfügen außerdem über Kenntnisse in Impression-Management-Techniken und verfügen über ein natürliches Talent, andere zu beeinflussen.
Sie streben nicht danach, durch die Einhaltung moralischer oder ethischer Standards Gutes in der Organisation zu bewirken, sondern konzentrieren sich mehr darauf, die Möglichkeiten ihrer eigenen persönlichen Macht zu maximieren. Machtmissbrauch im Umgang mit ihren Teams kann ein Mittel sein, um ihre Ziele zu erreichen.
Wie geht man mit Führungskräften um, die destruktive Eigenschaften aufweisen?
Eines der größten Probleme für Unternehmen ist der Umgang mit destruktiven Führungskräften, insbesondere solchen, die diese dunklen Persönlichkeitsmerkmale aufweisen. Individuelle Unterschiede bei Führungskräften sind größtenteils genetisch bedingt. Daraus lässt sich schließen, dass Unternehmen vorsichtig sein sollten, wenn es darum geht, Personen zu fördern und auszuwählen, die bei diesen dunklen Eigenschaften besonders hohe Ausprägungen erzielen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, destruktive Persönlichkeiten daran zu hindern, Machtpositionen einzunehmen
Diese dunklen Persönlichkeitsmerkmale scheinen auch negative Auswirkungen auf das Personalentwicklungspontential von betroffenen Personen zu haben (Harms, Spain & Hannah, 2001). Dies impliziert, dass Organisationen im Umgang mit Führungskräften, die dunkle Persönlichkeitsmerkmale aufweisen, wenige Optionen haben, um auf deren Entwicklung positiv Einfluss zu nehmen.
Harms und Kollegen lehnen diese Vorstellung jedoch ab, da Forschungen in der klinischen Psychologie darauf hindeuten, dass selbst klinische Ebenen von Persönlichkeitsstörungen mit geeigneten Interventionen behandelt werden können. Im Moment scheint es jedoch ratsam, auf Nummer sicher zu gehen und sicherzustellen, dass Personen mit dunklen Persönlichkeitsmerkmalen nicht als Führungskräfte ausgewählt oder befördert werden.
Das Fünf-Faktoren-Persönlichkeitsmodell kann dabei helfen, individuelle Merkmale zu bestimmen
Strukturierte Interviews oder Persönlichkeitstests für Auswahl und Einstellung wie z. B Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit sind geeignete Mittel, um negative Führungseigenschaften bereits bei der Auswahl und Führungskräfteentwicklung zu erkennen.
Diese subklinischen Merkmale behindern tendenziell die Entwicklung und Verbesserung von Führungskräften und können auch den Ruf der Organisation schädigen und zu finanziellen Verlusten führen. Organisationen können entsprechende Auswahlverfahren nutzen, um Personen zu identifizieren, die diese Merkmale aufweisen, und um sicherzustellen, dass sie nicht für Führungspositionen in Betracht gezogen werden.